Märchenarbeit im Frauenhaus

Wenn ich nach einem Interview die Spuren schneide, dann höre ich mir alles nochmals ganz genau an. An meiner eigenen Stimme erkenn ich dann, wie bezaubert ich mal wieder von meinen Interviewpartnerinnen war. Anjas Leidenschaft und Freude an Geschichten haben mich sehr berührt. Dann wird meine Stimme ganz weich und kriegt diesen typischen Öcher (Aachener) Singsang. 

Anja ist Märchenerzählerin aus Fürth in Süddeutschland und kam durch einen eigenen Schicksalsschlag zum Erzählen. Am Ende kam alles ganz anders, als sie sich das zunächst vorgestellt hatte. Hört am Besten unbedingt gleich rein. Aber bevor ich über das Ende spreche, erstmal über den Anfang.

Anja hat viel mit Kindern in Frauenhäusern gearbeitet. Dabei ist wichtig, dass die Kinder wissen, dass es nicht ok ist, wenn Erwachsene sie schwächen und sich klein fühlen lassen. Jedes Kind darf einfordern, von Erwachsenen so behandelt zu werden, dass es sich gut und voller Vertrauen und Selbstvertrauen entwickeln kann.  Anja bewirkt mit den Geschichten und Märchen, dass die Kinder einmal einen Raum haben, ihre eigenen Erfahrungen zu äußern und zu verarbeiten.

Ein Märchenheld oder eine Märchenheldin lebt auch in einer Mangelsituation, erlebt Prüfungen, wächst daran, wird aktiv und nimmt sein/ ihr Leben in die Hand. Deshalb passen Märchen sehr gut zur Arbeit mit Kindern, die Gewalterfahrungen machen mussten. 

Ihre Geschichten, seien es bekannte Märchen der jeweiligen Kulturkreise oder auch Geschichten von Superheldinnen und -helden, machen vor, wie man seinen Weg aus der Bedrängnis finden kann.

Auch für uns hat Anja eine besondere Geschichte mitgebracht: Das Märchen der Skelettfrau. Es handelt von Selbstermächtigung. Frauen müssen sich ermächtigen, wieder die Gestalterinnen des eigenen Lebens zu sein. So wie die Skelettfrau in Anjas Geschichte singt, um wieder Fleisch und Haut an sich zu bekommen, so haben wir es auch in unserer Macht die Regie über uns zu führen. 

Was meine lieben Hörerinnen und Hörer nicht wissen ist, dass Anja extra für mich zu Beginn des Erzählens eine Kerze angezündet hat. Wir können uns nämlich während der Aufnahme sehen, damit das Gespräch leichter fließen kann. Und am Ende des Interviews hat sie die Kerze auch wieder ausgeblasen. Rituale haben für Anja eine besondere Bedeutung, um eine Situation oder das Gehörte beim Gegenüber zu verankern, um Dinge erlebbar, spürbar zu machen. 

Anja war es wichtig dass wir für das Interview den Aktionstag gegen Gewalt gegen Frauen, Mädchen und Mutter Erde zum Anlass nehmen. Am 14. Februar ist der One Billion Rising Aktionstag. Dies bedeutet übersetzt: Eine Milliarde steht auf.

An diesem Tag sollen wir tanze, lachen und erzählen, um der Gewalt gegenüber Frauen jeden Alters und in allen Formen etwas entgegen zu setzen. Es ist Anja ein Anliegen, dass wir uns diesen Tag zu Herzen nehmen und uns gegen Gewalt engagieren. 

Homepage von Anja Blana aus Fürth: www.anjablana.de 

Homepage zu OneBillionRising: www.onebillionrising.org (Englische Homepage)

www.onebillionrising.de